Es war einmal ein junger dynamischer Betriebswirtschaftler der nach Abitur und Studium unbedingt bei einem deutschen Vorzeigeunternehmen seine ersten beruflichen Schritte machen wollte.
Nennen wir ihn einfach mal Sparfix.
Nach einem holprigen Bewerbungsverfahren dass wegen Covid-19 per Videokonferenz lief kam für Sparfix endlich die begehrte Zusage des Konzerns mit den 4 runden Türmen in einer südlichen Landeshauptstadt dieser Republik.
In heutigen Zeiten können sich aufstrebende Jungakademiker ihren Tätigkeitsbereich leider nicht völlig frei aussuchen – statt der ersehnten prestigeträchtigen Anstellung in der internen Unternehmensberatung (einer seiner Studienschwerpunkte) ging es daher erst einmal in den operativen Einkauf zum Erfahrung sammeln.
Schon am zweiten Arbeitstag war ihm klar, dass er sich dringend profilieren muss um aus der Masse der von wenig techn. Sachvermögen getrübten Truppe an Jungkaufleuten hervorzustechen. Ein schneller Erfolg musste her, um vom großen Chefeinkäufer positiv wahrgenommen zu werden.
Sein spezielles Aufgabengebiet war der Einkauf von Folien, Beschriftungen, Aufklebern und was man sonst noch so an Cent-Artikeln für den Bau von durchaus hochpreisigen Luxusgütern benötigt.
Abends im Biergarten grübelte Sparfix darüber nach wie man bei diesen Massenartikeln eine nennenswerte Einsparung erzielen könnte.
Die ersten telefonischen Verhandlungen mit den bislang eingesetzten Lieferanten verlief ohne jeglichen Erfolg – egal wie Sparfix auch immer argumentierte. Diese Variante der Kostenreduzierung hatten schon seine Vorgänger in den letzten 15 Jahren ausgiebig genutzt. Mittlerweile lieferten die Hersteller schon auf Kostenbasis allein um ihre Maschinen und Mitarbeiter auszulasten. Von Spanne und Ergebnis war schon gar nicht mehr die Rede.
Sparfix, voller Elan, mit der Autorität der für manche wichtigsten Abteilung im Rücken und dem Wunsch Ergebnisse zu präsentieren kündigte daraufhin die langjährigen Verträge mit bewährten Lieferanten und begab sich auf die Suche nach preiswerteren Anbietern auf der ganzen Welt. Und Hurra! Schon nach kurzer Zeit wurden ihm die Artikel zu den geforderten Konditionen um 1 Cent pro Stück günstiger angeboten. Kurzzeitige Bedenken hinsichtlich Bonität und Expertise wurden von den zu erwarteten Lorbeeren schnell ausgeräumt.
Und der Rest ist Geschichte: Sparfix bekam Prämie, Belobigung und obendrein Aussicht auf eine baldige Beförderung. Die Einwände der erfahrenen Mitarbeiter im Werk wurden beiseite gewischt. Reste der alten Produktion aufgebraucht. Monate später kamen die zwischenzeitlich gelieferten Aufkleber in einer der Fertigungslinien zum Einsatz.
Wiederum einige Wochen später geschah am anderen Ende der Republik etwas was täglich hundertfach vorkommt:
Um sich bei 34 Grad Außentemperatur etwas zu erfrischen nahm Hans Haase es mit der Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Umgehungsstraße seines Wohnortes nicht so genau. Seine neue R1250RT mit dem exzellenten Windschutz benötigt schon recht hohe Geschwindigkeiten für ausreichend Frischluft. Leider bemerkte er im Hitzewahn nicht die Zivilstreife mit Polizeihauptwachtmeister Otto K. Kariert hinter sich, der - umgeben von der kühlen Luft seines klimatisierten und mit Videoanlage ausgestatteten 5er BMW`s aus - das unglaubliche Beschleunigungsvermögen der aktuellen RT erst bewunderte um dann mit einem fröhlichen Grinsen Blaulicht, Martinshorn und Anhaltesignal einzuschalten und mit Vollgas zur RT aufschloss.
„Führerschein, Fahrzeugpapiere bitte“ - Nachwuchs-Wachtmeister Hugo T. Spitzname „Terrier“ heute als Kollege von Otto K. im Einsatz hatte gerade seine Fortbildung „Motorradkontrolle“ absolviert. Wissend, dass bei einer ladenneuen BMW kaum etwas zu holen ist spulte er sein Pflichtprogramm runter. Nach Bremse, Schalldämpfer, Beleuchtung stand die Übereinstimmung von Fahrzeugpapieren und Maschine an….
„ Sagen se mal – wo haben Sie diese Maschine her – die hat ja gar kein Typenschild – ist die geklaut oder was ?“
2 Stunden später - Hans Haase wurde schummerig vor Augen als er in Handschellen zusehen mußte wie seine geliebte Neuanschaffung vom eiligst herbeigerufenen Abschleppdienst aufgeladen und zum Landeskriminalamt abgeschleppt wurde.
Wiederum 4 Wochen später stellte sich heraus daß offenbar minderwertiges Klebematerial zu einem vollständigen Verlust des Typenschilds geführt hatte.
Ende der Geschichte
Back to real life :
Mit Wirkung zum 12.8.2020 hat BMW die Auslieferung jeglicher Zweiräder mit Boxermotor eingestellt. Meine für gestern 14:00 angedachte Übergabe einer der 140 mausgrauen RT war damit überraschend geplatzt.
Begründung heute früh aus der Firmenzentrale:
Der Grund für den Auslieferungsstopp ist das Typenschild, das eventuell nicht richtig verklebt ist und sich daher ablösen könnte. Hierdurch würden gesetzliche Anforderungen nicht eingehalten.
Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass ich gestern Abend von der örtlichen Niederlassung einen K16-Vorführer in Empfang nehmen durfte – erst mal für die nächsten 2 Wochen. Mein Chef hat bereits 2 Wochen Urlaub genehmigt – ab ans Nordkap. Hier wird es mir zu heiß!
