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Die Umgebung bestand im Wesentlichen aus rotem und festem Sandboden und
unregelmäßig verteiltem grünen Gestrüpp. Ausnahmslos trockenes und hartes
niedriges Buschwerk.
Einige knorrige und verzweigte ziemlich niedrig gewachsene Bäume duckten sich
auch noch in die Landschaft. An ihrer unregelmäßigen und demolierten Rinde waren
die Spuren von überstandenen Feuersbrünsten deutlich erkennbar.
Hier in diesen Gefilden regnete sehr selten. Es war erstaunlich, dass hier überhaupt
pflanzliches Leben existieren konnte.
Tiere gab es allerdings auch hier draußen. Kängurus, Dromedare, Wildpferde und
Dingos. Nicht etwa, dass wir irgendeines dieser wild lebenden Viecher jemals zu
Gesicht bekommen hätten. Jedenfalls nicht in einem brauchbarem Zustand.
Tot und vertrocknet lagen allerdings eine Menge von ihnen am Straßenrand herum.
Das gesamte mobile Inventar dieses ziemlich lebensunfreundlichen Biotops konnte
man dort vorfinden.
Die gefürchtetsten beweglichen Spezies dieser Gegend hatten wir allerdings noch
gar nicht zu Gesicht bekommen. Die giftigen Schlangen fehlten bisher noch.
Knut orakelte zwar ständig diesbezüglich herum aber ich ging mal davon aus, dass
er seine Truppe nicht eine Gegend führen würde, in der mit einer nächtlichen
Angriffswelle dieser kriechenden Killerreptilien zu rechnen war.
Gefährlich waren angeblich auch die Dingos. Kojotenähnliche Wildhunde, die in
kleinen Rudeln auf die Jagd gingen. Ähnlich wie Wölfe fielen die auch über deutlich
größere Beutetiere her. Menschen waren deutlich kleiner als einige ihrer sonstigen
Opfer. Also schien eine gewisse Vorsicht auch hier angebracht zu sein.
Das war eben keine Kaffeefahrt, unser Outbacktrip.
Olli machte sich dann auch an die üblichen Wartungsarbeiten. Heute allerdings
wurden seine Mechanikerqualitäten mehr als üblich gefordert. Ankes’ Motorrad
bockte ein wenig. Der Vergaser schien die Quelle des Übels zu sein.
Zumindest deuteten die Erklärungen der Fahrerin in diese Richtung.
Inzwischen wurden auch die üblichen Maßnahmen und Vorbereitungen für das
gemeinsame abendliche Diner ergriffen. Klappstühle und Tische wurden
entladen und aufgebaut und ebenso alles andere was eben so nötig ist.
Nebenbei suchten sich alle einen geeigneten ebenen Platz zum Aufbau der Zelte.
Nicht allzu weit von der illegalen Feuerstelle und nach Möglichkeit nicht in der Nähe
verdächtiger Büsche. Diese könnten unter Umständen giftiges Getier beheimaten.
Des Nachts sind nicht nur alle Katzen, sondern auch alle Schlangen grau.
Unter Berücksichtigung dieser Vorsichtsmaßnahmen ergab sich eine ziemliche
Kumulation der kleinen Kuppeln in zwei Bereichen.
Sicherheit vor Privatheit. Man muss eben manchmal Prioritäten setzen.
Die trotz der zweifellos erfolgreichen Emanzipationsbewegung immer noch
nachweisbaren geschlechtsspezifischen Präferenzen sorgten für eine spontane
Gruppenbildung.
Die eine Gruppe beschäftigte sich mit der Zubereitung der Mahlzeit. Die andere
Gruppe belagerte den tüftelnden Olli. Der Vergaser schied als Übeltäter aus. Olli
hatte dieses relativ komplexe Bauteil inzwischen in sämtliche Einzelteile zerlegt.
Manchmal ist das Ganze eben nicht mehr als die Summe seiner Teile.
Dies gilt zumindest für einen XT-Vergaser. Bei diesem hier waren alle Teile
einwandfrei und deshalb…….
Mittlerweile war der Mechaniker tief in die Innereien des Motorblocks vorgedrungen.
Bei all seinen Tätigkeiten hantierte er mit einer schlafwandlerischen Sicherheit.
Seine Diagnose war fatal. Das Auslaßventil war hin. Eventuell hatte es vorher einen
Kolbenklemmer gegeben, daher auch dieses beschriebene Ruckeln. Wie auch
immer, dieser Motor brauchte eine Totaloperation. Olli trug es mit Fassung. Bei der
Laufleistung dieses Einzylinders war damit zu rechnen, verkündete er.
Dummerweise gab es kein Ersatzbike. Anke war ab sofort wohl Fußgängerin.
Alternativ käme auch ein Job als Sozia infrage. Olli grinste mich nach der
Verkündung dieser These herausfordernd an.
Schon klar!
In guten wie in schlechten Zeiten. Was bleibt mir übrig!
So schlimm war das ja dann auch wieder nicht. Bei dieser Streckenführung ist eine
Begleiterin eher ein Vorteil. Wir würden das Beste daraus machen.
Es wurde dann auch wie immer, ziemlich schnell dunkel. Angesichts der neuen
Konstellation, beschloss ich ein kurzes klärendes Gespräch mit Eva zu führen.
Heinz hatte mir aus seiner neutralen Sicht die gestrigen Vorgänge geschildert.
Man kann sich eben nicht immer mit alkoholinduzierter kurzfristiger
Unzurechnungsfähigkeit heraus reden.
Das ist zwar immer die einfachere Lösung, muss dann aber auch als Entschuldigung
formuliert werden. Irgendwie fehlte mir aber das richtige Schuldbewusstsein.
So teilte ich der aufmerksam lauschenden Eva also lediglich mit, dass ich ab sofort
mit Sozia unterwegs wäre. Mit dieser Information konnte sie nun machen was sie
wollte. Da keine weiteren Fragen gestellt wurden, hakte ich die Sache als erledigt ab.
Man kann auch alles komplizieren. Manche kleinen Probleme kann man auch mit
wenigen Worten aus der Welt schaffen.
Das habe ich tatsächlich noch geglaubt, damals im Outback.
Die allgemeinen Gespräche am Lagerfeuer drehten sich an diesem Abend um
die furchtbaren Auswirkungen von Schlangenbissen. Speziell von Giftschlangen.
Knut und Martin wurden nicht müde uns die grausamen Folgen unbehandelter
Vergiftungen zu schildern. Tod oder Frührente. Keine beruhigenden Aussichten.
Die Gruppe war ziemlich zusammengerückt und niemand verlies ohne akuten
Harndrang den beleuchteten Bereich. Es wurde auffallend wenig getrunken an
diesem Abend.
Die exotische nächtliche Geräuschkulisse erschien an diesem Abend wesentlich
bedrohlicher als sonst. Auch ich vernahm viele mir bis dahin nicht bekannte Laute.
Meine neue Sozia war ziemlich anhänglich. Ob es nun an der bedrohlichen
Umgebung, an ihrer neuen Rolle als meine Sozia oder an meinem liebenswerten
Charakter lag, konnte ich nicht eindeutig ergründen.
Wahrscheinlich ein bisschen was von allem.
Wir zogen uns dann trotz der vermuteten lauernden Gefahren ein wenig zurück.
Obwohl ich bisher nie in dem akuten Verdacht stand ein großer Romantiker zu sein,
muss ich zugeben, dass mich der südliche Sternenhimmel enorm beeindruckte.
In dieser völlig klaren Wüstennacht war er einfach überwältigend.
Es gibt Bilder, die man einfach nicht angemessen beschreiben kann.
Der Anblick dieses südlichen Sternenhimmels gehört mit Sicherheit dazu.
Ich bin jetzt noch ergriffen wenn ich mich daran erinnere.
Da hat man einfach keine Fragen mehr.
Absolut überwältigend.
Fortsetzung folgt