Von Wahlversprechen und Machtspielen
Wenn es darum geht, wer Leistungen und Ansprüche bezahlen soll, gilt der alte Grundsatz:
„Eins plus eins gleich drei.“ Ehe wir dem Rechenfehler auf die Schliche kommen, verteilen wir lieber um - und zwar am liebsten „gerecht“. Wer als Politiker Umverteilungs-Rhetorik betreibt, weiß die Mehrheit auf seiner Seite.
Das illustriert eine Geschichte, die Hans-Olaf Henkel zu erzählen pflegt:
Es waren einmal zehn Männer, die jeden Mittwoch im gleichen Restaurant miteinander essen gingen. Das Essen kostete immer genau 100 Euro. Die Männer hatten sich zur Begleichung der Rechnung ein System ausgedacht, das in etwa unserem Steuersystem entspricht.
Vier Gäste (die Ärmsten) zahlen nichts.
Der Fünfte zahlt 1 Euro.
Der Sechste 3 Euro.
Der Siebte 7 Euro
Der Achte 12 Euro.
Der Neunte 18 Euro.
Der Zehnte (der Reichste) zahlte 59 Euro.
Das ging eine ganze Zeit lang gut. Alle waren zufrieden. Bis der Wirt eines Tages anbot, den Preis für das Essen um 20 Euro zu reduzieren — „Weil Sie alle so gute Gäste sind!“ Wie nett von ihm.
Jetzt kostete das Essen für die Zehn also nur noch 80 Euro. Die Männer wollten ihr Bezahlsystem aber unbedingt beibehalten, Für die ersten vier änderte sich nichts, sie aßen weiter kostenlos.. Wie sah es aber mit den übrigen aus? Wie konnten sie die 20 Euro Ersparnis so aufteilen, dass jeder etwas davon hatte? Sie errechneten, dass 20 Euro geteilt durch sechs 3,33 Euro ergeben. Wenn sie das jedoch von den einzelnen Teilen abziehen würden, bekämen der fünfte und der sechste Gast sogar Geld zurück. Also schlug der Wirt den Gästen vor, dass jeder prozentual ungefähr so viel weniger bezahlen sollte, wie er insgesamt beisteuere. Er setzte sich hin und begann, das für seine Gäste auszurechnen. Die 20 Euro wurden folgendermaßen verteilt:
Der fünfte Gast bezahlte ab sofort nichts mehr (100 % Ersparnis).
Der Sechste zahlte 2 statt 3 Euro (33 % Ersparnis).
Der Siebte zahlte 5 statt 7 Euro (28 % Ersparnis).
Der Achte zahlte 9 statt 12 Euro (25 % Ersparnis).
Der Neunte zahlte 14 statt 18 Euro (22% Ersparnis).
Und der Zehnte (der Reichste) zahlte 50 statt 59 Euro (15 % Ersparnis).
Jeder der sechs kam günstiger weg als vorher, und die ersten vier aßen noch immer kostenlos, Als die Männer das vor dem Restaurant aber noch mal nachrechneten, war es doch nicht so ideal wie gedacht. „Ich habe nur 1 Euro von den 20 Euro bekommen!“, sagte der sechste Gast und zeigte auf den zehnten Gast. „Aber der kriegt 9 Euro!“ „Stimmt!“, rief der Fünfte. „Ich habe auch nur 1 Euro gespart und er spart fast zehnmal so viel wie ich.“ „Wie wahr!“, rief der Siebte. „Warum kriegt er 9 Euro zurück und ich nur 2? Alles kriegen mal wieder die Reichen!“ „Moment mal“, riefen da die vier ersten aus einem Mund. „Wir haben überhaupt nichts bekommen. Das System beutet die Ärmsten aus!“ Und wie aus heiterem Himmel gingen die neun gemeinsam auf den Zehnten los.
ln der folgenden Woche tauchte der zehnte Gast nicht zum Essen auf. Die übrigen neun aßen also ohne ihn. Als die Rechnung kam, stellten sie etwas Außerordentliches fest: Alle zusammen hatten gerade mal genug Geld, um die Hälfte bezahlten zu können.
Jedes Volk bekommt die Politiker, die es verdient!
Wollt euch den lustigen bzw. traurigen Text nicht vorenthalten.
Gruss Norman