Moin Gemeinde,
nachdem man mit dem Thema Sarrazin eher ambivalent umgeht und sein Buch doch irgendwie sehr polarisiert ...... ich habe es jetzt jedenfalls gelesen. Als es noch nicht auf dem Markt war, kam ich in den Genuss eines Auszuges für Journalisten. Jetzt über "die Tage" habe ich es dann komplett gelesen.
Zusammenfassend hat Sarrazin lediglich 3 Themen verdichtet und eines hätte er besser gar nicht erwähnt.
1. Sarrazin ist ein Herr alter Schule, für den Werte viel bedeuten. Werte wie Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Teamfähigkeit, sich einordnen können, Leistungsbereitschaft, Fleiß, Einsatzbereitschaft, ... usw. All diese Werte werden tagtäglich von Arbeitnehmern mehr oder minder abverlangt. Glück, Anerkennung und Stolz können nur über Arbeit realisiert werden (Wenn man von den reinen Erben dieser Gesellschaft absieht). Langzeitarbeitslose rennen letztendlich in ihr eigenes Dilemma, wenn man von ihnen keine Gegenleistung einfordert - die Qualifikationen die jeder hat - auch Langzeitarbeitslose, verkümmern durchs Nichtstun. Arbeit wird in Deutschland nicht in dem Maße honoriert bzw. vergütet wie die Grundsicherung, für die keinerlei Gegenleistung erwartet wird, jedoch jedem garantiert zusteht.
2. Das Thema Bildung zieht sich durchs gesamte Buch und er greift hier vielschichtig dieses Thema auf. Zum einen vom politischen Bildungswesen direkt, welches kontinuierlich seit 50 Jahren weniger von den Schülern fordert - er schreibt, dass in den 50 iger Jahren nach 4 Jahren Grundschule mit 50 Kindern / Klasse, die gleichen Rechaufgaben gelöst werden konnten wie heutige Hauptschulabgänger. Zum Anderen die Gesellschaft selbst, die durch Subventionen und Zuwendungen, für Langzeitarbeitslose, in übertriebener Höhe ein komfortables dauerhaftes Leben ermöglicht, dies leider mit der Folge, dass deren Kinder nicht die Bildung erfahren wie in arbeitenden Familien. "Das Geld kommt ja vom Amt und Kinder erkennen keinen Antrieb". Das Thema Bildung ist das eigentliche Kernthema des gesamten Buches und er beschreibt deutlich und nachvollziehbar, warum damit zu rechnen ist, warum wir dümmer werden und uns selbst abschaffen. Dieses Kernthema wurde bis heute von niemand kritisiert oder in Frage gestellt.
3. Das Thema Ausländer: Sarrazin vergleicht Deutschland mit anderen Ländern, sowohl den europäischen als auch angloamerikanischen. Kein Land dieser Erde ließ so uneingeschränkt Ausländer ins Land - insbesondere wenig qualifizierte Ausländer - wie Deutschland. Zudem kommt, dass stets komplette Familien nachziehen und ebenfalls willkommen sind. Aus einem Ausländer in den 60 igern wurden ganz viele, mit gleicher Kompetenz. Das er hier partiell unrecht hat steht für mich zwar außer Frage, jedoch ist auch klar, dass unsere Politik das Thema Integration versemmelt hat.
Und was er besser aus dem gesamten Buch rausgelassen hätte, ist die Sache mit den Genen! Es ist schon ohne Gene schlimm genug!
Summa Summarum ein sehr lesenswertes Buch, anschaulich geschrieben, jedoch auch teilweise schwer zu lesen. Wer das gesamte Zahlenwerk verstehen will und kein Volkswirt oder Betriebswirt ist, muss sich da schon durchackern. Aber die Akribie mit der es geschrieben hat, ist beachtlich.
Der Typ Sarrazin ist aus meiner Sicht ein Mensch der seine Tugenden und Werte lebt und damit es bis zum Vorstand der De. Ba. gebracht hat. Für ihn ist eben auch sonnenklar, dass es nicht nur die Intelligenz ist die einen Menschen erfolgreich machen kann, sondern dessen Einsatz und Leistungsbereitschaft in zumindest gleicher Größe. Und wer von Langzeitarbeitslosen nichts fordert, erhält auch nichts und verändert an der Tatsache der Langzeitarbeitslosigkeit nichts.
Ich halte dieses Buch für gelungen und ich ziehe meinen Hut vor Sarrazin.